Die Kitsch- und Souvenirindustrie Usbekistans ist ein junger, aufstrebender Industriezweig mit ungeahntem Entwicklungspotenzial. Die Verantwortlichen scheinen alles in ihrer Macht stehende zu tun um möglichen Millionen von Touristen, die eventuell überraschend das Land besuchen kommen, lachende Ton-Mullahs, glasierte Keramikgefäße, Seidentücher, Teppiche, Kitsch-Hunde und -Katzen in Quietsch-Farben, Tjubitekas und andere Kopfbedeckungen, Schmuck, Postkarten und Reiseführer in mehr als ausreichender Zahl zur Verfügung stellen zu können.

Da kann man nun wirklich nicht von Mangelwirtschaft sprechen: Souvenirs gibt’s in jeder ehemaligen Moschee oder Medrese im Überfluß
Souvenir-Verkäufer, wo auch immer der europäische Tourist seinen Fuß setzt: In den Medresen (Koranschulen), wo die Zellen von Studenten zum Verkaufsraum werden, in den ehemaligen Moscheen, vor und in den Mausoleen, auf den Basaren – überall wird das gleiche (oder ähnliche) Sortiment an Mitbringseln dargeboten. Eine Altstadt-Straße kurz vor der Bibi Chanum-Moschee, in der mein Vater noch tolle Fotos machte, wurde kürzlich abgerissen und zu einem Pracht-Boulevard umgebaut – ausschließlich mit Souvenir-Geschäften an der Seite.

Für manches tolle Angebot reichte leider der Platz in den Fahrradtaschen nicht
Mir sollte das entgegen kommen, denn ich bringe mir von jeder Reise eine Kitsch-Figur für meinen Schreibtisch mit (Eiffel-Turm, chinesischer Drache, Dodo, venezianischer Löwe usw.). So was kleines haben sie allerdings nicht im Angebot. Ich überlege, ob ich mir einen der vierzig Räuber von Ali Baba in einem Tonkrug zulege.
Wie man sieht, haben wir uns in stinknormale Touristen zurückverwandelt. Und heute die zahlreichen Denkmale begafft, die Feldherr Timur und sein Trupp ab der Mitte des 14. Jahrhunderts einer der ältesten Städte der Welt schenkten.
Timur (1336-1405) lebte nur 18 Jahre in Samarkand, den Rest der Zeit führten ihn Feldzüge bis nach Ägypten, ans Goldene Horn, Indien und Moskau. Überall schlachtete er grausam die Menschen ab, die er besiegte – die Künstler und Wissenschaftler allerdings verschonte er und ließ sie nach Samarkand bringen, wo sie wirklich Großartiges vollbrachten.
Zum Beispiel das Gur-mir-Mausoleum, das er ursprünglich für seinen bei einem Feldzug ums Leben gekommenen Lieblings-Enkel erbauen ließ und unter dem er (gegen seinen testamentarischen Willen) selbst bestattet wurde. Zusammen mit seinem geistigen Lehrer und seinen Nachfolger.
Ein großartiges Gebäude, imposant innen wie aussen.
Noch beeindruckender für mich dann der weltberühmte Registan-Platz mit seinen drei rechtwinklig zueinander gebauten Medresen (Koranschulen). In denen sich heute, wie gesagt, vor allem Souvenir-Verkäufer breit machen. Der großartigen Architektur des Platzes nimmt das nichts.
Ich nutze das Angebot eines Usbeken, gegen die lächerlich Gebühr von 5 Dollar einen der Minarett-Türme neben der Ulug Beg-Medrese zu besteigen. 106 Stufen geht es nach oben. An der Spitze des Turmes dann keine Plattform oder so, man steht einfach auf der letzten Stufe und reckt seinen Oberkörper durch ein Loch im Dach – um einen sagenhaften Ausblick über die Dächer von Samarkand zu genießen.
Nur ein paar hundert Meter weiter dann die nächste Attraktion: Die Bibi Chanum Moschee, einstmals die größte Zentralasiens. Hatte Timur für seine Lieblingsfrau Bibi errichten lassen, es gibt wohl mehrere Legenden höchst romantischer Art um dieses Paar und den Architekten der Moschee, der sich ebenfalls schwer in Bibi verliebt hatte. Trage ich nach, wenn ich wieder in Deutschland bin. Aber das ist der Grund, warum sich viele Hochzeitspaare hier fotografieren lassen.
Und ein weiterer Ort, an dem sich Timur und seinen Mannen für die Ewigkeit Denkmale setzten besuchten wir noch: Die Gräber-Stadt Schah-i-Sinda. Mit zwei Dutzend riesigen Mausoleen für die treuesten Krieger, Frauen und Wissenschaftler des Herrschers und seiner Nachkommen. Der Hügel wird auch heute noch als Grabhügel für die Samarkander genutzt und so kommt es zu einem höchst interessanten Nebeneinander von Tradition und Moderne der Grabeskunst.
Morgen haben wir dann am Vormittag frei, nachmittags geht es mit dem Schnellzug zurück nach Taschkent. Und von dort dann nachts um 3 Uhr zum Flughafen.
Deutschland wartet bestimmt schon auf uns.